Im Oktober 1912 reiste Lou Andreas-Salomé nach Wien, um Sigmund Freud,aber auch andere Psychoanalytiker der ersten Stunde persönlich kennenzulernenund bei ihnen zu studieren. Ihr Tagebuch der folgenden zwölfMonate, in der vorliegenden Neuausgabe nach dem Originalmanuskriptneu transkribiert, ist ein unvergleichlich wertvolles Dokument aus derPionierzeit der Psychoanalyse.Als klare und neutrale Beobachterin analysiert sie sowohl die verschiedenenDenk- und Theorieansätze als auch die Befindlichkeiten der erstenPsychoanalytiker. Der Leser erfährt die Reizthemen, wird mitgenommenzu den Treffs in Cafés, Restaurants und Kliniken und erlebt Freud, seineBewunderer wie Viktor Tausk und Kritiker wie Alfred Adler hautnah. IhreAufzeichnungen vom Münchner IPV-Kongress 1913, sind der einzige Augenzeugenberichtvon der kontroversen Tagung, in deren Folge die endgültigeAbspaltung der Zürcher Schule um C.G. Jung unabwendbar wurde.Daneben berichtet das Tagebuch auch vom Wiederbeleben der Bekanntschaftenmit Arthur Schnitzler, Richard Beer-Hofmann, Marie von Ebner-Eschenbach und anderen Autoren und Künstlern und wirft damit einreizvolles persönliches Schlaglicht auf die Kulturszene Wiens im frühen20. Jahrhundert.