Dem Begriff der "Sozialen Rolle" kommt heute in der soziologischen Fachsprache eine ebenso festgelegte Bedeutung zu wie auf dem Gebiet der Psychoanalyse der "Kathartischen Methode" oder der "Dramatisierung des latenten Trauminhalts". Eine Analyse der hierfür grundlegenden Texte der Jahrhundertwende zeigt jedoch, daß den "Vätern" der entsprechenden Begriffe deren metaphorische Verwendung noch durchaus präsent war. "Gelehrtentheater" versucht, die moderne wissenschaftliche Theatermetaphorik, die sich um 1900 in Hysterieforschung, Traumdeutung und Rollentheorie herausbildet, aus den ihr zugrundeliegenden ästhetischen Begriffen heraus zu verstehen und so einen Bezug zur damaligen Theatergeschichte herzustellen. Sie erhellt durch intensives Quellenstudium historische Zusammenhänge etwa zwischen Hysterielehre, Katharsisbegriff und der zeitgenössischen Tanz- und Schauspielästhetik, die den "dionysischen Körper" als authentisches Ausdrucksmedium einer neuentdeckten Ganzheitlichkeit feiert, aber auch zwischen Traumdeutung, "Dramatisierung" und der zeitgenössischen Leidenschaft für Traumelemente auf der Bühne und im Drama, oder zwischen philosophischer Rollentheorie, Schauspielmetaphorik und Bühnenspiel.
In the present-day social sciences, the concept of 'social role' has just as well-defined a meaning as the 'cathartic method' or the 'dramatization of latent dream content' in psychoanalysis. But the examination of fundamental texts around the turn of the last century shows that the fathers of these concepts were fully aware of their metaphorical character. 'Scholarly Theatre' interprets modern scholarly stage metaphors in terms of the aesthetic notions underlying them, thus pointing up the relationship between academic diction and the history of the theatre.