»Es gibt genug Songs für immer und ewig, es muss nichts mehr komponiert
werden«, hat Bob Dylan einmal gesagt, und man mochte ihm fast beipflichten
mit der Einschränkung, dass er selbst bitte ausgenommen sein sollte. Langst
eine lebende Legende, ein musikalischer Gigant unserer Zeit, noch dazu als
erster Musiker überhaut mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet, schreibt
Dylan weiter Songs und hat seine Never Ending Tour nur wegen der
COVID-19-Pandemie unterbrochen. Preiswürdig sind nicht nur seine Songtexte,
seine Lyrik und seine Autobiographie, auf deren zweiten und dritten Band die
Fans schon lange sehnsüchtig warten, sondern auch seine unkonventionellen
Interviews, die vor Witz, Poesie, Ironie und Weisheit nur so funkeln, was
auch daran liegen mag, dass die Fragen seiner Gesprächspartner zuweilen recht
bizarr anmuten. »Sind Sie Gott?«, wird Bob Dylan zum Beispiel manchmal
gefragt. Und seine Reaktionen sind immer originell. Aber Bob Dylan nutzt
Interviewtermine nicht nur für Showeinlagen oder verwandelt sie in
Kunstperformances, er erzählt auch offen über sich und alles, was ihn
umtreibt. Und so ist dieser Sammelband mit Gesprächen aus einem halben
Jahrhundert vielleicht ein guter Ersatz für die fehlenden Bande seiner
Chronicles, die wohl auch anlässlich von Dylans achtzigsten Geburtstag
in diesem Jahr nicht erscheinen werden. »Die Leute in meinen Songs bin alle
ich«, hat Bob Dylan 2009 gesagt. Längst eine lebende Legende, bewundert als
der »Picasso des Songwriting« (Leonard Cohen) und als erster Musiker
überhaupt mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet, schreibt Dylan in seinem
80. Lebensjahr einige seiner stärksten Songs. Preiswürdig sind nicht nur
seine Songtexte, seine Lyrik und seine Autobiographie Chronicles, sondern
auch seine unkonventionellen Interviews, die zwischen Witz und tieferer
Bedeutung, Offenheit und Rollenspiel changieren. Dylan kann Interviewtermine
in Performances verwandeln, aber auch in Unterrichtsstunden über die
amerikanische Songgeschichte. Er erörtert Beziehungs- und Glaubensfragen und
erzählt von seiner Liebe zum Gospel und zum Blues, zu Shakespeare, Elvis und
Sinatra. Manchmal führt er seine Gesprächspartner hinters Licht und dichtet
wechselnde Lebensgeschichten. Immer aber schimmert in diesen Interviews,
zusammengestellt vom Dylan-Kenner und -Übersetzer Heinrich Detering, eine
mögliche Wahrheit durch, über einen großen Künstler, der stets er selbst ist
und doch jedes Mal ein anderer.