Informatives und unterhaltsames Sachbuch für Leser, die sich für Sprache interessieren
Der Kulturjournalist Matthias Heine hat bisher schon drei Bücher veröffentlicht, die sich mit Sprache beschäftigen. Da ging es um Begriffe aus der Nazi- Zeit, die wir heute noch verwenden, oder um Jugendsprache im Verlaufe der Jahrhunderte sowie um heikle Wörter.
In seinem neuesten Werk geht es ihm um den Bildungswortschatz.
Bevor er an die Erklärung von 160 Wörtern geht, die er alphabetisch aufgelistet hat, wird erstmals definiert, was Bildung und Bildungssprache auszeichnet.
Bildung ist, und hier beruft er sich auf Humboldt, ein im Prinzip endloser Prozess, der die Individualität und den Charakter ausbildet.
Während Bildungssprache bis ins 19. Jahrhundert durch die klassische Literatur und Philosophie geprägt war, wurden danach auch Begriffe aus den Naturwissenschaften, der Psychologie und den Sozialwissenschaften dazu gezählt. Wobei, ganz wichtig, nicht nur die Verwendung bestimmter Wörter den Gebildeten auszeichnen, sondern in gleichem Maße auch ein weitaus komplexerer Umgang mit Sprache.
Inwiefern der Bildungswortschatz einem Wandel unterliegt, wird später an einzelnen Beispielen aufgezeigt.
Bei der Auswahl lag der Fokus des Autors auf erklärungsbedürftigen Wörtern ( logisch) und auf solchen, die stellvertretend für Einflüsse stehen und solchen mit einem besonderen kulturgeschichtlichen Hintergrund. Dass dabei manchem Leser bestimmte Wörter fehlen werden oder einige entbehrlich erscheinen, liegt in der Natur der Sache.
Danach geht es von ab ovo über bigott , Chuzpe ( eines meiner Lieblingswörter), Dystopie , fulminant über lakonisch , Narrativ , obsolet bis Zerberus .
Auf meist mehr als einer Seite erfährt der Leser viel über die Herkunft und den historischen Hintergrund, sowie die Bedeutung und die Verwendung der einzelnen Wörter. Viele kennt man, bei einigen ahnt man intuitiv die Bedeutung und andere sind völlig unbekannt, weil heute kaum mehr gebräuchlich, wie z.B bramarbasieren
Zu einigen weiß der Autor schöne Geschichten zu erzählen, so z.B. zur Büchse der Pandora oder Kairos . ( Literaturkenner wissen seit der Lektüre von Jenny Erpenbecks gleichnamigen Roman um dessen Bedeutung.)
Andere sind richtiggehende Modewörter geworden, wie z.B. dysfunktional , meist mit dem Anhängsel Familie . Oder das Narrativ , ohne das keine Zeitung mehr auskommt.
Das Buch lädt zum Schmökern ein oder lässt sich sehr gut als Nachschlagewerk benutzen.
Allerdings wird der Anspruch des Untertitels Wie wir den Bildungswortschatz nutzen können nicht erfüllt. Obwohl ich die intensive Recherchearbeit und das Wissen des Autors honoriere, hätte ich mir konkrete Beispiele gewünscht, wie ich diese Wörter in meine Sprache korrekt einbaue.
Nichtsdestotrotz ist Kluge Wörter ein informatives und unterhaltsames Sachbuch für Menschen, die sich für Sprache interessieren.