Ein renommierter Organist überträgt seine jahrzehntelange Erfahrung als Bach-Spieler auf das Cembalo, für seine erste Aufnahme des Wohltemperierten Klaviers.
»Ich war schon als Kind von Musik umgeben«, erinnert sich Wolfgang Rübsam, und er war begeistert, als er im Alter von drei Jahren auf den Klavierstuhl klettern konnte, um die Schüler seiner Eltern, die beide Musiklehrer waren, nachzuahmen. Seit mehr als 70 Jahren taucht Rübsam in die Welt der Tasteninstrumente und insbesondere in die Musik Bachs ein und hat zunächst für Philips, dann für Naxos und zuletzt für Brilliant Classics Aufnahmen gemacht, die wegen ihrer Stilsicherheit und der Farben ihrer Phrasierung, ob auf dem Cembalo, der Orgel oder dem modernen Klavier gespielt, großen Anklang fanden. Mit seinen 76 Jahren gehört Rübsam zweifellos zu den Bachianern unserer Zeit, und doch gab es in seiner langen und bedeutenden Diskographie bis vor kurzem keine Einspielung der zentralen Sammlung von Bachs Schaffen als Tastenmusiker, der beiden Bände der Präludien und Fugen, die er sowohl als Lehrmethode für angehende Tastenspieler als auch als Bibliothek seiner eigenen Beherrschung der kontrapunktischen Künste schrieb.
Das von Rübsam für diese Aufnahme gewählte Instrument ist das Lauten-Cembalo: ein einzigartiges Tasteninstrument mit einem einzigartigen Klang, den Bach offenbar sehr schätzte. Es ist kräftiger als das Clavichord, aber weniger brillant als das herkömmliche Cembalo und erfordert einen eigenen Anschlag. In der Rezension des Magazins Fanfare über das ursprünglich erschienene Set heißt es: »Ich dachte, ich hätte schon alles gehört. Ich habe mich geirrt, und noch nie habe ich auf irgendeinem Instrument eine Interpretation dieser Meisterwerke erlebt, die ihnen so viel neues Leben einhaucht«.
Dieses Set ist nun zum ersten Mal auf CD erhältlich und reiht sich ein in Rübsams andere Einspielungen auf dem Lauten-Cembalo für Brilliant Classics, die Musik von Bach und Weiss sowie ein komplettes Set der Orgelwerke von Louis Vierne beinhalten.
The Well-Tempered Clavier ist die allgemein akzeptierte englische Übersetzung des deutschen Titels Das Wohltemperierte Clavier, Bachs großer Sammlung von 48 gepaarten Präludien und Fugen, die oft einfach als »Die 48« bezeichnet werden. Es ist das bekannteste von Bachs Clavierwerken. Teil 1 des Wohltemperierten Klaviers wurde 1722 in Köthen fertiggestellt, Teil 2 um 1740 in Leipzig. Jeder Teil besteht aus vierundzwanzig Präludien und Fugen, je ein Präludium und eine Fuge in jeder der zwölf Dur- und Moll-Tonarten, wobei die Tonarten in chromatischer Reihenfolge angeordnet sind und sich in Dur und Moll abwechseln.
Der Begriff wohltemperiert bezieht sich auf das damals neuartige System der gleichschwebenden (oder fast gleichschwebenden) Stimmung, bei dem die Oktave in 12 gleiche (oder fast gleiche) Halbtöne unterteilt ist und die Stimmung so angelegt ist, dass eine Transposition möglich ist, ohne dass sich das Verhältnis der Frequenzen der verschiedenen Intervalle ändert. Bei der bis dahin üblichen und immer noch parallel verwendeten mitteltönigen Stimmung hingegen sind die Tonarten umso mehr verstimmt, je weiter sie von C-Dur entfernt sind. Dieses System ermöglichte es, in allen Tonarten gleich gut zu spielen, und Bachs Sammlung des Wohltemperierten Klaviers war die erste vollständige Umsetzung und seine Leistung die Apotheose der gleichschwebenden Stimmung.
Hans von Bülow bezeichnete Das wohltemperierte Klavier als das »Alte Testament« der Klavierliteratur, das wie kein anderes Werk in der Musikgeschichte sowohl für die Aufführung als auch für die Komposition völlig neue Möglichkeiten eröffnet und noch Jahrhunderte später in seinen Bann zieht.
Wolfgang Rübsam ist durch seine Orgel- und Cembalo-Aufnahmen bei verschiedenen Labels international als maßgeblicher Bach-Interpret bekannt. Diese neue Aufnahme wird auf einem Lauten-Cembalo gespielt, einem Instrument, das Bach zu Hause sowohl für das Musizieren in der Familie als auch für den Unterricht besessen hätte. Der erforderliche Anschlag und die erzeugte Klangfülle sind zart, subtil schattiert und in ihrer Wirkung eng mit der Musik von Bachs französischen Zeitgenossen verwandt, deren Musik er gut kannte, wie François Couperin, Jean-Philippe Rameau und Louis Marchand. Der Klang ist wärmer, da es Darmsaiten und keine Dämpfer hat.
»Diese schönen Aufführungen zeigen Rübsams empfindsame und poetische Seite auf denkwürdige Weise. Empfohlen. Leistung: 9« schrieb Jed Distler von Classicstoday. com über die frühere Ausgabe von Rübsams Aufnahme von Bachs Französischen Suiten.
Kritisches Lob für Wolfgang Rübsam bei Brilliant Classics: »Wenn Sie in Ihrer Bach-Sammlung etwas ganz Ungewöhnliches suchen, ist diese Aufnahme genau das Richtige.« (Fanfare zu Bach, Französische Suiten, jpc 10325264)
